Stellungnahme der Fakultätskonferenz der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät auf Initiative des Mittelbaus

 

Die Fakultätskonferenz der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät beglückwünscht alle Kolleginnen und Kollegen herzlich, die im erstmals an der Universität Wien durchgeführten abgekürzten Berufungsverfahren nach § 99 (4) UG 2002 eine Universitätsprofessur erlangt haben. Die Berufungen dieser exzellent qualifizierten Kolleginnen und Kollegen, die sich zum wiederholten Male in einem internationalen strengen Begutachtungsverfahren behaupten konnten, stellen einen Gewinn für das nationale und internationale Renommee der Universität Wien dar. Ein besonderer Glückwunsch ergeht in diesem Zusammenhang an Kollegin Susanne Reichl, die in diesem Bewerbungsverfahren für unsere Fakultät erfolgreich war und nun die Stelle einer Universitätsprofessorin am Institut für Anglistik und Amerikanistik angenommen hat.

Im Folgenden möchten die Mitglieder der Fakultätskonferenz dennoch auf drei Umstände verweisen, die an unserer Fakultät für kritische Einwände gegenüber dem erstmals angewandten Bewerbungsverfahren gesorgt haben. Diese betreffen die Bereiche Vergleichbarkeit der fachdisziplinären Begutachtungsformen in der Forschung, die adäquate Berücksichtigung der erbrachten Lehrleistungen, der Administrations- und Gremienarbeit sowie das Bekenntnis zum Gender Mainstreaming.

1) Zum abgelaufenen Besetzungsverfahren ist positiv hervorzuheben, dass die maximale Anzahl von 20 ausgeschriebenen neuen Professuren auch tatsächlich ausgeschöpft werden konnte. Dass davon jedoch lediglich fünf Stellen nicht in den Bereich der MINT-Fächer und nur eine an die Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät als die größte der Universität gingen – und dies bei gleichzeitigem deutlichen Aufstieg der Geisteswissenschaften im „Times Higher Education“-Ranking – , gibt Anlass zu konkreten Überlegungen, wie das kompetitive Bewerbungsverfahren in Zukunft den unterschiedlichen Wissenschaftstraditionen und Arbeitsbedingungen der einzelnen Fakultäten und Zentren gegenüber sachgerechter gestaltet werden könnte. Schließlich sollten allen exzellent ausgewiesenen Kolleginnen und Kollegen unabhängig von ihrer Fakultäts- oder Zentrumszugehörigkeit vergleichbare Chancen bei der Bewerbung auf eine Professur im abgekürzten Verfahren geboten werden. Eine stärkere Sicherung der geforderten Vergleichbarkeit von Arbeitsbedingungen und persönlicher Gesamtleistung der Bewerberinnen und Bewerber ist daher im Verfahren dringend herzustellen. Hier gilt es, die Vergleichbarkeit der Begutachtungsverfahren in den Natur- und den Kultur- und Geisteswissenschaften noch einmal genau zu prüfen, die sich hinsichtlich ihrer Parameter (betreffend etwa Spitzenratings in internationalen Journals, Einzel-Publikationsleistungen, Methoden der Grundlagenforschung oder fachdidaktische Anforderungen) deutlich unterscheiden. Eine künftig sachgerechtere Zusammenstellung der Panels in einer deutlich erhöhten Anzahl (orientiert etwa an dem stärker Fächer differenzierenden Verfahren zum Lehrpreis) könnte bereits eine Korrektur des beim jetzigen Verfahren erlangten Ungleichgewichts zwischen den unterschiedlichen Disziplinen bewirken. Ein weitergehender Schritt wäre eine Zuteilung der Professuren an die einzelnen Fakultäten und Zentren und deren dementsprechende Aufnahme in den Entwicklungsplan. In diesem Fall kann hinsichtlich der Anzahl auf die Personalstruktur und die Zahl der bewerbungsberechtigten Universitätsangehörigen einer Fakultät oder eines Zentrums ebenso Rücksicht genommen werden wie auf unterschiedliche Wissenschaftstraditionen und Arbeitsbedingungen, was für die Bestqualifizierten dieser Einrichtungen zumindest die Chancengleichheit bei der Bewerbung erhöht. Ein zusätzliches kompetitives Antreten gegen die Bestqualifizierten anderer Einrichtungen mit deutlich unterschiedlichen Forschungs-, Lehr- und Administrationsbedingungen und -bedürfnissen ist sachlich nicht hinreichend begründbar.

2) Begrüßenswert im abgelaufenen Verfahren war neben der Fokussierung der Exzellenz in der Forschung, der Publikationstätigkeit und der internationalen Reputation sowie der Erfahrung in Konzeption, Einwerbung und Leitung größerer Forschungsprojekte auch die Berücksichtigung der Lehrquantität und -qualität der Kandidatinnen und Kandidaten auf allen curricularen Stufen. Schließlich gibt es hinsichtlich der Lehr- und Betreuungsleistungen sowie -belastungen ganz erhebliche Schwankungen zwischen den unterschiedlichsten Disziplinen, sodass ein objektivierter Blick auf das geleistete und vor allem noch ungehobene Forschungspotenzial erschwert wird. Aus diesem Grund wird für das Begutachtungsverfahren eine künftig noch stärkere Berücksichtigung der Lehrleistung im jeweiligen Bedarfskontext angeregt. Zudem müsste zur sachgerechteren Beurteilung der persönlichen Gesamtleistung der Bewerberinnen und Bewerber künftig auch die universitäre Administrations- und Gremienarbeit herangezogen werden. Hierbei sollten die gegebenen Qualifikationskriterien in vergleichbaren Berufungsverfahren für Universitätsprofessorinnen und Universitätsprofessoren als Orientierung dienen.

3) Nicht zuletzt soll das Bekenntnis zur Erhöhung des Frauenanteils in Leitungspositionen unterstrichen werden, wie es auch im Ausschreibungstext gemäß § 41 UG 2002 genannt wird. Demgegenüber kam es im aktuellen Bewerbungsverfahren zu einer Besetzung im Verhältnis von 3 zu 1 zugunsten männlicher Kollegen, weshalb bei zukünftigen Bewerbungsverfahren noch einmal verstärkt darauf geachtet werden sollte, ob auch im Bereich der Geschlechtergerechtigkeit die strukturelle Gleichheit für ein komparatives Verfahren gegeben ist. Für die Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät ist dies insbesondere ein großes Anliegen, da sie auf eine universitätsweit überdurchschnittlich hohe Frauenquote im wissenschaftlichen Personal verweisen kann. In diesem Zusammenhang soll auch auf die Ausschreibung des aktuellen „Back to Research Grant“ hingewiesen werden, von deren Bewerbung die betroffenen Kolleginnen der Fakultät ausgeschlossen sind, weil diese die Vorgaben der vorgeschriebenen Frauenquote von 50 Prozent im Postdoc-Bereich bereits erfüllt.

Die Fakultätskonferenz hofft mit diesen Ausführungen dazu beitragen zu können, bei Sicherung der hohen Ansprüche des vereinfachten Berufungsverfahren gemäß § 99 (4) UG 2002 in künftigen Bewerbungsverfahren eine stärkere und sachgerechte Berücksichtigung der einzelnen Fachtraditionen, deren Personalstruktur und deren unterschiedliche Arbeitsbedingungen erreichen zu können.